26 Juli 2009

Hölle, Tod und Dosenbier

Meine Heimatgemeinde Bad Zwesten ist ein nettes, beschauliches Kurkaff. Damit habe ich kein Problem, ganz im Gegenteil, ich mag das - das ist unter anderem einer der Gründe, warum ich vor ein paar Jahren wieder aufs Land gezogen bin.
Natürlich ist das kulturelle Angebot in unserer schönen Gemeinde hauptsächlich auf die Kurgäste ausgerichtet (also 50+). Da gibt es die "Bad Zwestener Meisterkonzerte" (verschiedene Klassik-Ensembles) und auch das alljährliche Lichterfest im Kurpark, wo dann ohrenkrebsverursachende Alleinunterhalter Schlager und Volksmusik zum besten geben - man kennt sowas ja.
Immerhin - und da ragt Bad Zwesten in der hiesigen Region tatsächlich heraus - gibt es bei uns einen sehr grossen und auch sehr aktiven Motorrad-Club, den MC GoGetters, die nicht nur eine sehr schöne Kneipe/Vereinsheim betreiben, sondern auch schon bei vielen Gelegenheiten im Ort gezeigt haben, dass ihnen an unserer Gemeinde was liegt und diese Rocker in ihrer schwarzen Lederkluft auch gar nicht so böse sind, wie man gemeinhin denkt.
Dieser Motorrad-Club hatte vor einiger Zeit dann eine Idee: man könnte doch mal ein steiles Open-Air-Rock-Konzert in unserem beschaulichen Örtchen veranstalten. Man trug die Idee bei Gemeinde und Bürgermeister vor, man einigte sich überraschend problemlos auf einen gescheiten Rahmen und ein Veranstaltungsgelände, engagierte zwei Bands und eigentlich hätten alle glücklich sein können. Eigentlich.
Es begab sich dann nämlich ein paar Wochen vor diesem Konzert, dass den Verantwortlichen ein Brief der beiden ortsansässigen Allgemeinmediziner zuging, in denen diese den Veranstaltern vorwarfen, dass das geplante Rock-Konzert nicht nur rufschädigend für unsere Gemeinde wäre (!), sondern außerdem durch die "Lärmbelastung" zwangsläufig zum Verlust des Heilbäder-Status führe (!!) und desweiteren - ebenfalls durch die enorme "Lärmbelastung" - zu Bluthochdruck und Todesfällen in der älteren Bevölkerung führen könne (!!!).
Mal abgesehen davon, dass ich mich frage, warum man in einer Paartausendseelengemeinde unbedingt Briefe schreiben muss, statt sich einfach mal persönlich miteinander auseinander zu setzen, konnte und kann ich nach wie vor diesen Schwachsinn gar nicht glauben.
Natürlich führte das Ganze dann in der lokalen Presse zu einer schönen (und teilweise immer skurriler werdenden) Berichterstattung, der dann schließlich in einem weiteren Brief der Kurärzte gipfelte, in dem sie dann unter anderem darauf verwiesen, dass die für diesen Abend gebuchten Bands ja unter anderem auch Songs von AC/DC spielten und sie (also die Ärzte) sich verpflichtet fühlten, eben nicht dem Weg von "Hölle, Tod und Dosenbier" (O-Ton) zu folgen.
Mal abgesehen davon, dass dieser ganze Klamauk eine gute PR für das Konzert war (und "Hölle, Tod und Dosenbier" ein richtig guter Slogan ist, hihi), ist es für mich wenig verständlich, wie man sich im 21.Jahrhundert noch derart spießbürgerlich entblöden kann.

Achja: das Konzert fand übrigens trotz aller Widrigkeiten unter dem Motto/Titel "Bad Zwesten rockt" vorgestern abend statt. Es war ein geiles Veranstaltungsgelände (direkt am Kurpark, mitten im Ort), die Organisation war super, es gab leckeres Bier zu korrekten Preisen und zwei gute Bands (Forroxx und Seven Hell), die mit einem Heidenspaß immerhin fast fünf Stunden lang richtig geil gerockt haben.
Todesfälle gab es übrigens nicht, weder in der älteren Bevölkerung, noch bei den älteren Herrschaften die im Publikum vorhanden waren - und ein Tor zur Hölle hat sich auch nicht aufgetan. Ich hoffe sehr, dass diese mehr als gelungene Veranstaltung nächstes Jahr eine Fortsetzung erfährt.

Links:
badzwestenrockt.de
MC GoGetters

Seven Hell

Forroxx

23 Juli 2009

Meine Site ist umgezogen

Es ist nicht wirklich wahnsinnig spannend, aber da ich nun schon einige Mails deswegen bekommen habe, erwähne ich es nochmal: Ich bin mit meiner Site jetzt komplett zu blogger.com umgezogen.
Man muß das Rad ja nicht neu erfinden. oghilscher.net lief mit Wordpress, was an sich eine feine Sache war - aber die Aktualisierungen der Skripts haben immer eine Menge Zeit in Anspruch genommen, so dass ich dann schon gar keinen Bock mehr hatte, wirklich was zu posten. Jetzt muß ich mich nur noch um die Inhalte kümmern, da freu ich mich richtig drauf.

22 Juli 2009

2500 Bände Perry Rhodan

Irgendwann, ich muß ungefähr 5 Jahre alt gewesen sein, habe ich im Bücherschrank meiner Mama einige Regale voll mit kleinen dünnen Heften gefunden, die ganz tolle Titelbilder hatten: da waren Raumschiffe, Astronauten, ein immer wieder auftauchendes lustig aussehendes Pelztierchen, drei-äugige schwarze Monster mit vier Armen und halt jede Menge Weltraum. Ich konnte natürlich noch kein Wort lesen, aber sowieso angefixt von einer Fernsehserie namens Captain Future, machten die Cover dieser Heftserie echt mächtig Eindruck auf mich und ich verbrachte so manches Wochenende damit, Heft für Heft aus dem Regal zu nehmen und stundenlang die tollen Titelbilder zu betrachten.
Diese Titelbilder waren allesamt von einem Künstler namens Johnny Bruck und die Heftserie hatte den Namen Perry Rhodan - Der Erbe des Universums.
Als ich schließlich 10 Jahre alt wurde, durfte ich die Teile dann auch endlich mit dem Segen meiner Mutter lesen. Ich glaube, meine Mama dachte damals, "das versteht der Junge eh noch nicht, das gibt sich wieder", tatsächlich las ich aber in den nächsten zwei oder drei Jahren die kompletten drei Regale (die Bände 1 - 850 waren das) durch und tauchte in ein sagenhaftes Universum ein.
Perry Rhodan, amerikanischer Astronaut und erster Mensch auf dem Mond (Pech gehabt, Herr Armstrong, aber 1961 hat noch keiner an sie gedacht), trifft in Band 1 bei seiner Mondlandung auf eine notgelandetes Raumschiff einer außerirdischen Rasse, reißt sich nach einigen Verwirrungen deren überlegene Technik unter den Nagel und verhindert damit dann mal gleich den auf der Erde drohenden Atomkrieg. Das klingt ziemlich pulpig, ist es nicht nur aus heutiger Sicht wahrscheinlich auch, aber als Zehnjähriger fährt man auf solche Lichtgestalten voll ab.
Tatsächlich wandte sich die Perry Rhodan-Serie aber ziemlich bald auch neuen Ufern zu: aus den ursprünglich geplanten 25 Heften wurden erst 50, dann 100, und schließlich immer mehr. Inhaltlich eint Rhodan darin die Erde zu einem Staatsgebilde, erkundet das gesamte Sonnensystem, setzt sich gegen außerirdische Invasoren zur Wehr, schafft schließlich auch den Sprung in ein anderes Sonnensystem und dringt immer weiter in die Galaxis vor. Ohne die ganze Perry-Serie nacherzählen zu wollen (da hätte ich auch was zu tun), durchzieht vor allem ein Thema alle Romane - die Freude am Neuen und Unentdeckten, den Aufbruch einer geeinten Menschheit zu den Sternen und ein Blick in eine Zukunft, die mir damals durchaus (er)lebenswert schien.
Mit dem Roman Nummer 1400 stieg ich schließlich Mitte der achtziger Jahre in die Erstauflage bei Perry Rhodan ein und lese seit dem Woche für Woche mit (naja, irgendwann bin ich dazu übergegangen, immer so zwanzig-dreißig Hefte anzusammeln und die en-bloc zu lesen).
Dieser Tage erschien nun der zweitausendfünfhundertste Band der Perry Rhodan-Serie. Ein Jubiläum (immerhin achtundvierzig Jahre kontinuierliches Erscheinen!), das man als solches durchaus würdigen kann und sollte, was es aber insgesamt auch sehr kritisch zu hinterfragen gilt.
Als die Perry Rhodan-Serie gestartet wurde, war mit Walter Ernsting, Karl-Herbert Scheer und kurze Zeit später auch mit Kurt Mahr und Hans Kneifel eine Riege an Autoren für die Romane verantwortlich, die neben aller Fantasie und SF-typischer Technikverliebtheit auch nie das große Ganze (ich nenne es mal pathetisch "die Vision") aus den Augen verlor und die Handlung in eine spannende Geschichte verpackte.
Leider hat der Zahn der Zeit auch bei Perry Rhodan genagt - im Laufe der Zeit kamen immer wieder neue Autoren hinzu (was per se ja nicht schlecht ist) und alte Autoren verließen das Team, nicht zuletzt, weil sie einfach verstarben. Die Perry-Erfinder Scheer und Ernsting sind längst tot, und auch von mir die als essentiell für die Serie angesehenen Autoren wie Kurt Mahr, Peter Griese, Thomas Ziegler oder der langjährig federführende Rhodan-Visionär Willi Voltz starben.
Mit dem Wegfall dieser Alt-Autoren, aber auch mit dem geänderten Konsumverhalten der Leser, ging natürlich zwangsläufig im Laufe der Jahre eine inhaltliche Umstrukturierung einher - und meines Erachtens blieb dabei leider "die große Vision" auf der Strecke.
Wo früher der Mensch und sein Platz im Kosmos im Mittelpunkt stand, dominieren jetzt Superintelligenzen und andere nicht mehr nachvollziehbare "hohe Wesenheiten" das Geschehen. Wo früher die Menschlichkeit und der Wille zu einem friedlichen Nebeneinander regierte, werden in der aktuellen Handlung in Nebensätzen Millionen von Lebewesen ausradiert. Niemand soll mich für einen weltfremden Pazifisten halten (naja, ein bissel bin ich das wahrscheinlich schon), ich mag schon die eine oder andere "ordentliche" Raumschlacht. Aber bitte mit Maß.
Viele große Ideen - z.B. auch die "höhren Wesenheiten" wie Kosmokraten und Chaotarchen oder Superintelligenzen oder die drei Ultimaten Fragen u.ä. - stammen tatsächlich noch von den Ur-Autoren wie Willi Voltz. Ich hatte aber nie das Gefühl, dass diese Ideen jemals dafür gedacht waren, wirklich handlungstragend zu sein. Sie boten den oft zitierten Sense-of-Wonder, der für die Science Fiction so essentiell ist - aber eben dieser Sense-of-Wonder geht auch verloren, wenn man alles bis zum Letzten in der Handlung auslutscht und geradezu inflationär einsetzt. Die Handlung stagniert bei Perry Rhodan seit etlichen hundert Bänden, Ideenlosigkeit herrscht vor: zu Beginn taucht ein ultra-böser und ultra-überlegener Gegner auf, metzelt ohne Sinn und Verstand vor sich hin, bis unser Perry natürlich den am Ende zwar immer noch unbelehrbaren und ultra-bösen, dann aber ziemlich schwachbrüstig daher kommenden Gegner aus dem Weg putzt (zuletzt in Band 2499, wo mal eben eine 70 Millionen Jahre alte Superintelligenz von Herrn Rhodan persönlich umgenietet und abgefrühstückt wird).
Zur inhaltlichen Tristesse gesellt sich meines Erachtens allerdings in Person von einigen bestimmten neuen Autoren auch noch eine rein schriftstellerische Inkompetenz. Nun war Perry Rhodan sicherlich noch nie Hochliteratur, da muß man sich nichts vormachen. Allerdings bilde ich mir ein, bei Perry Rhodan früher auch sprachlich durchaus etwas mehr geboten bekommen zu haben, als die durchschnittliche Helmut-Rellergerd-Schreibe (straight from Neandertal), die z.B. in einer Heftchenserie wie John Sinclair vorherrscht.
Neuere Perry-Teamautoren wie z.B. Leo Lukas (der zwanghaft versucht witzig zu sein, was regelmässig in die Hose geht), Rainer Castor (sicherlich eine wandelnde Datenbank in punkto Rhodan-Wissen - leider lesen sich auch seine Romane wie ein Lexikon-Eintrag), Uwe Anton (die Hälfte jedes Romans besteht aus emotionalem Geschwurbel) und noch einige die ich mir jetzt spare mehr, verstehen es einfach nicht, spannende Unterhaltungsliteratur zu schreiben.
Ich würde mir wünschen, dass ab Band 2500 bei Perry Rhodan ein neuer Weg eingeschlagen wird - aber nach der Lektüre befürchte ich, dass dem nicht so sein wird. Der nächste Bösewicht kam schon an, das erste Gros an Menschen ist verheizt (O-Ton "Soldaten kann man ersetzen" - Das hätte MEIN Perry niemals gesagt!) und selbst die Superintelligenz ES, seit Anbeginn der Serie ein Mentor der Menschheit, sagt, dass er nicht in Perry Rhodans Haut stecken möchte. Tatsächlich gehts mir ganz genauso.