29 Oktober 2010

Vampire in Ground Zero: DIE SAAT von Guilermo del Toro und Chuck Hogan


Ich habe ja bereits in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen, mich über den unsäglichen Vampir-Hype zu beschweren, den (spätestens) Stephanie Meyer mit ihren unsäglichen Twilight-Romanen ausgelöst hat. Ähnlich dem Fantasy-Boom im Zuge der Verfilmung des HERR DER RINGE ist schon seit längerem kaum ein Entkommen vor den mal mehr, mal weniger schwuchteligen Blutsaugern möglich.
Prinzipiell versuche ich dieses Genre zu meiden wie diese bleichen Herrschaften den Knoblauch und das Tageslicht, aber durch die ausdrückliche Empfehlung eines ehemaligen Kollegen, die cineastische Reputation des Autors und etwas milde gestimmt durch die doch recht gute TV-Serie TRUE BLOOD, habe ich mich dann dazu hinreißen lassen, DIE SAAT von Guilermo del Toro und Chuck Hogan zu lesen.
Kurz zur Handlung: In New York landet ein Passagierflugzeug, direkt danach bricht der Kontakt ab und als man nachschaut, sind alle Passagiere (vermeintlich) tot. Die toten Fluggäste verschwinden dann in der nächsten Nacht aus den Leichenschauhäusern und treiben ihr Unwesen in den U-Bahn-Schächten Manhattans und in den Ruinen des World Trade Centers. Ursächlich beteiligt ist ein abtrünniger Über-Vampir, ein sogenannter „Meister“, der sich nicht wie seine sechs anderen Meistervampir-Kumpels damit begnügen mag, ab und zu mal ein Menschlein auszulutschen, sondern gleich ganz Amerika in Vampire verwandeln will. Behilflich dabei ist ihm ein körperlich schwer kranker Superreicher, den es nach Unsterblichkeit gelüstet. Vermengt wird das Ganze mit der Geschichte und daraus resultierender persönlichen Vendetta eines alten Juden, der in der Nazi-Zeit mit ansehen musste, wie oben erwähnter Meistervampir sich in einem KZ an den Gefangenen gütlich tat. Zusammen mit dem Chef des hiesigen Seuchenschutzkommandos und einem städtischen Rattenfänger (!) macht der alte Mann Jagd auf den Vampirboss, während sich New York mit erschreckender Belanglosigkeit immer mehr in eine Blutsaugerstadt verwandelt.
Das Ergebnis ist – nun ja – ernüchternd. DIE SAAT ist relativ flott geschrieben und lässt sich zügig lesen, ist bisweilen sogar auch ein wenig spannend. Aber eine düstere Atmosphäre kommt überhaupt nicht auf, die Charaktere sind höchst oberflächlich ausgearbeitet und die persönlichen Intentionen der Agierenden sind entweder nicht klar oder ziemlich fragwürdig. Sprachlich gesehen rangiert der Text leider nur auf mittelprächtigem Heftroman-Niveau, ob das allerdings am Übersetzer oder der Vorlage liegt, kann ich nicht beurteilen.
Ein größtenteils angenehmer Aspekt des Romans ist, dass der Vampirismus als eine Art Infektion erklärt wird und damit der schwarzmagische Firlefanz unterbleibt. Andererseits ist aber spätestens am Ende, wenn davon gesprochen wird „Es ist nicht von dieser Welt“, die Parallele zu Stephen Kings „Dreamcatcher“ sehr-sehr augenfällig - denn ich befürchte, im Folgeroman DAS BLUT (Einzelromane sind ja scheinbar total out, aber das ist ein anderes Thema) wird uns präsentiert werden, dass die Vampire eigentlich vor Jahrhunderten aus dem Weltraum gekommen sind.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass ein guter Regisseur eben nicht zwangsläufig auch ein guter Romaneschreiber sein muss und dass das Sujet wohl einfach nichts Neues mehr hergibt. Kann man mal lesen, muss man aber nicht.


DIE SAAT (O:„The Strain“)
Chuck Hogan, Guilermo del Toro
528 Seiten, Heyne Verlag
ISBN-10: 3453435184
ISBN-13: 978-3453435186

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